Acht Fragen an Dr. Astrid Legge - Kuratorin der Provinzial Kunstsammlung

Die Provinzial Versicherung engagiert sich nicht nur für Sicherheit und Schutz, sondern seit vielen Jahrzehnten auch für Kunst und Kultur. Mit regelmäßigen Ankäufen von Werken für die unternehmenseigene Kunstsammlung und gezielten Förderprogrammen unterstützt sie vor allem junge Künstler*innen auf ihrem Werdegang. Ein wichtiger Baustein ist die jährliche Vergabe eines Kunst-Stipendiums an Absolvent*innen der Düsseldorfer Kunstakademie, welches jungen Talenten den Einstieg in die professionelle Kunstwelt erleichtern soll.

Frau Dr. Astrid Legge, Kuratorin der Kunstsammlung der Provinzial, gibt uns einen Einblick in die Hintergründe des Stipendiums, den Auswahlprozess und die Vorteile der digitalen Bewerbung mit Artbutler NEXT – einer Software, mit der Kunst professionell organisiert, dokumentiert und präsentiert werden kann.

1. Frau Dr. Legge, warum vergibt die Provinzial das Kunst-Stipendium, und wie lange gibt es die Förderung bereits?

Die Provinzial Versicherung ist seit fast 200 Jahren in NRW und dem Rheinland zuhause. Und als Unternehmen mit Wurzeln in einem der dichtesten Kulturregionen Europas, gehört Kulturförderung tatsächlich zu unserer DNA. Vor allem Düsseldorf, Sitz unserer rheinischen Konzernzentrale, bildet mit Kunstakademie, den vielen hochkarätigen Museen und renommierten Galerien einen der angesehensten Kunststandorte weltweit.

Schon seit vielen Jahrzehnten helfen wir mit einem bunten Portfolio an Fördermaßnahmen, diese einzigartige kulturelle Vielfalt zu erhalten. Seit 2019 fördern wir auch ganz gezielt künstlerischen Nachwuchs und vergeben in Kooperation mit der Kunstakademie Düsseldorf ein Jahresstipendium, welches sich explizit an Absolvent*innen richtet. Das Stipendium ist mit insgesamt 12.000 € dotiert, wird monatlich ausgezahlt und soll helfen, Künstlerinnen und Künstlern nach Verlassen der Akademie den Start in ihre freiberufliche künstlerische Laufbahn zu erleichtern – und dass möglichst ohne finanzielle Zwänge. Ab diesem Zeitpunkt können die meisten vom Verkauf ihrer Kunst noch nicht leben, benötigen aber Arbeits- und Atelierräume, die angemietet werden müssen, was die Lebenshaltungskosten enorm in die Höhe treibt.

Zusätzlich zum Stipendium erhalten die Preisträgerinnen durch die Partnerschaft mit Artbutler zum ersten Mal ein kostenfreies Jahresabo für die Nutzung der Kunstmanagement Software Artbutler NEXT, was mich sehr freut. 

2. Welche Künstler*innen können sich bewerben, und welche Kriterien spielen bei der Auswahl eine Rolle? 

Bewerben können sich alle Künstler*innen, die jeweils im Winter- und Sommersemester des Vorjahres ihren Abschluss an der Akademie gemacht haben. Bei der Studienausrichtung gibt es keine Einschränkungen, alle Disziplinen sind willkommen, egal ob Malerei, Bildhauerei, Fotografie, freie Kunst, Bühnenbild oder Baukunst.

3. Wie verläuft der Auswahlprozess, und nach welchen Maßstäben bewertet die Jury die eingereichten Arbeiten? 

Die Absolvent*innen erhalten jeweils im Herbst jeden Jahres unseren ‚Aufruf zur Bewerbung‘ für die anstehende Stipendiumsvergabe und damit die große Chance, sich mit digitalen Portfolios einer hochkarätigen Fachjury vorzustellen. Diese wechselt jährlich, besteht aber immer aus Direktoren und Kuratoren namhafter Kulturinstitutionen wie z.B. der Kunstsammlung NWR, dann aus Professoren der Kunstakademie, sowie freischaffenden Künstlern*innen oder Kulturjournalisten.

Zu den Bewertungskriterien gehören an erster Stelle natürlich die künstlerische und fachliche Qualität der Abschlussarbeiten, aber auch ihre innovative Ausrichtung. Wir schauen, ob die Arbeiten inhaltlich und handwerklich überzeugend sind im Hinblick auf das gewählte Thema und seine Umsetzung, ebenso auf Machart und Originalität. Eine Rolle spielen manchmal auch paritätische Überlegungen oder bereits laufende Förderungen der potentiellen Preisträger*innen.

4. In diesem Jahr konnten die Bewerber*innen ihre Werke über Artbutler NEXT hochladen und als digitalen Showroom an die Jury übermitteln. Welche Vorteile hat dieser digitale Bewerbungsprozess für die Künstler*innen und die Jury?

Die Vorteile der digitalen Bewerbung über Artbutler NEXT sind tatsächlich groß. Da wir immer alle Absolvent*innen eines Jahrgangs, sowohl des Winter-, als auch des Sommersemesters miteinbeziehen möchten, liegen zwischen den Akademie-Abschlüssen mit ihren Abschlusspräsentationen mehrere Monate. Zwar ist es enorm wichtig, die Arbeiten im Original zu sehen, dies geschieht aber ohnehin, da unsere jährlich wechselnde Fachjury die Rundgänge regelmäßig besucht. Jeder von uns hat also die Abschlussarbeiten bereits im Original gesehen, wenn er später die digitalen Portfolios sichtet.
Da wir aber ja nicht nur die Abschlusspräsentationen jurieren, sondern noch weitere Arbeiten aus den jeweiligen Oeuvres, ist die digitale Bewerbung ideal, denn die Bewerber*innen können ihren ‚Showroom‘ bei Artbutler NEXT ganz individuell mit anschaulichem Bild-, Filmmaterial und Textdokumenten gestalten und haben weitaus mehr Möglichkeiten, der Jury einen umfassenden und informativen Einblick in das eigene Schaffen zu geben, als mit einer analogen Portfolio-Mappe.

5. Wie erleben Sie als Kuratorin die Entwicklung junger Künstler*innen nach dem Studium?

Die künstlerischen Werdegänge nach Verlassen der Akademie erlebe ich sehr unterschiedlich. Im Gegensatz zu anderen Studiengängen wie Medizin, Jura oder BWL, bei denen das spätere Berufsbild relativ gesichert scheint, haben viele der frischgebackenen Künstler*innen keine konkrete Vorstellung, wohin der Weg sie führen wird.
Sie verlassen den geschützten Raum der Akademie mit ihrem Diplom und wissen erstmal nicht wohin. Viele verlassen auch Düsseldorf, sicherlich aus unterschiedlichen Gründen, aber nicht zuletzt, weil Atelierraum hier knapp und teuer ist – ein Thema, das die Landeshauptstadt schon lange umtreibt.
Diejenigen die bleiben und nicht das Glück haben, von einer Galerie unter Vertrag genommen zu werden, müssen sich zumeist einen Nebenjob suchen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten oder sich Atelier und Arbeitsmaterialien leisten zu können. Hier hilft unser Jahres-Stipendium, hier helfen aber auch unsere Kunstsponsoring-Maßnahmen und Stiftungsgelder, mit denen wir Ausstellungen und andere innovative Kunstprojekte unterstützen, die viele Künstler*innen dann in Eigenregie organisieren.

6. Können Sie uns etwas über die Gewinner*innen des diesjährigen Stipendiums erzählen? Was hat die Jury besonders beeindruckt?

Kürzlich vergab die Provinzial ihr 7. Kunst-Stipendium an zwei Künstlerinnen die sich den Preis teilen:

Enya Burger (*1996) aus der Klasse von Prof. Gregor Schneider überzeugte die Jury mit ihrer Abschlussarbeit „Guided by Memories“, in welcher sie sich mit dem in der Wissenschaft als ‚Physarum polycephalum‘ bekannten Schleimpilz beschäftigte. Dieser intelligente Einzeller hat weder Sinnesorgane, noch Hirn oder Nervenzellen, dafür allerdings enorme Erinnerungs- und Merkfähigkeiten.
Die Künstlerin schuf ein gläsernes Labyrinth, durch welches sich die Besucher ihren Weg bahnen konnten, begleitet von seltsamen Sound-Geräuschen. Ein Inkubator am Ende des Labyrinths beherbergte den Ursprung der ungewöhnlichen Klänge: den gelblichen Schleimpilz, dessen Wachstum in Echtzeit erfasst, in akustische Klänge transformiert und als Sonifikation über Lautsprecher hörbar waren. Die Installation erinnerte an wissenschaftliche Experimente mit Miniatur-Irrgärten in Petrischalen, mit denen die Forschung seit einigen Jahren die Intelligenz und Erinnerungsfähigkeit dieses ungewöhnlichen Organismus untersucht.

Magdalena Frauenberg (*1996) aus der Klasse von Prof.in Alexandra Bircken, bestach die Jury durch ihren gezielten Umgang mit Geschichte, Sagen und heidnischem Brauchtum in Kombination mit gegenwärtigen Technologien, beispielsweise des digitalen Renderings oder der CNC-Robotik.
Ausgangspunkt ihrer Abschlussarbeit war eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Traditionen und volkstümlichen Ritualen ihrer Heimat Tirol, sowie Büsten und Porträts der Kunstgeschichte. Dabei hinterfragte sie tradierte Geschlechterrollen und über Generationen weitergegebene Narrative über Weiblichkeit ebenso, wie deren Einfluss auf gegenwärtige Gesellschaftsstrukturen.  Vor allem ihre mit CNC-Robotik entstandenen Holzskulpturen – ein Sampling aus Tradition und Gegenwart, aus Handwerk und Maschine - überzeugten durch eine präzise, teils manierierte und surreale Formensprache.

7. Die Provinzial engagiert sich seit vielen Jahren in der Kunstförderung. Gibt es ein besonderes Projekt oder eine Begegnung, die Ihnen persönlich in Erinnerung geblieben ist?

Die Provinzial hat in den letzten Jahrzehnten unzählige spannende Kunstprojekte unterstützt, die alle nennenswert wären. Unglaublich wertvoll sind für mich aber immer die Begegnungen mit den Akteur*innen selbst, sprich den vielen tollen Künstlerinnen und Künstlern, aber auch Ausstellungsmacher*innen, Kurator*innen und Institutionen, zu denen bis heute ein enger Kontakt besteht.

8. Was würden Sie Künstler*innen mit auf den Weg geben, die sich auf Stipendien oder Förderprogramme bewerben? 

Ich denke, Bewerbungen für Preise oder Stipendien sind immer auch ein erster Schritt in die reale Arbeitswelt. Haben die Studierenden den ‚Schutzraum‘ der Akademie einmal verlassen, ist es wichtig, gesehen zu werden und finanziellen Support zu bekommen – zumindest gilt das für Künstler*innen, die gerne vom Verkauf ihrer Kunst leben möchten. 

Eine Bewerbung ‚schult‘ die Bewerber, denn sie müssen über sich selbst und ihre Arbeit nachdenken, müssen reflektieren und entscheiden, was sie wollen, was ihnen wichtig ist und wie sie sich präsentieren möchten. Sie müssen das Ganze auch formulieren, darstellen und einigermaßen auf den Punkt bringen können. Das ist gar nicht so einfach und braucht etwas Übung, gilt aber generell für Bewerbungen auch in anderen Fachbereichen.  Wie man sich bewirbt, lernt man nicht in einer Kunst- Akademie, deshalb sollten die Studierenden frühzeitig die Gelegenheiten nutzen und sich auf ausgeschriebene Förderungen bewerben.

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